Schlagwort-Archive: Fridays for Future

Buchausschreibungen

Dreadlocks. Über kulturelle Aneignung und die Hybridisierung der Welt

Die Fridays For Future luden eine Künstlerin, die bei ihrer Großdemonstration am letzten Freitag auftreten sollte, wieder aus, weil sie Dreadlocks trägt. Ethnopluralistische und identitäre Vorstellungen, die Idee, „Identität“ und „Kultur“ seien etwas Statisches und ließen sich quasi genetisch anhand von Hautfarben zuordnen, breiten sich offenbar immer mehr aus – auch in „linksalternativen“ und „fortschrittlichen“ Milieus. Zugleich wissen wir, dass Kultur – und erst recht Mode – komplexer entsteht und sich weiterentwickelt, dass fast alle heutigen (Jugend-)Kulturen transkulturelle Bastarde sind. Es ist Zeit für ein gutes Buch über diese Zusammenhänge: Wie entsteht „Kultur“, wie „Mode“? „Kulturelle Aneignung“ ist der gemeinsame Nenner dieses Buches. Jedoch soll der ideologiekritische Überbau nicht im Mittelpunkt stehen, sondern konkrete – ethnographische? – Beiträge zur Entwicklung von Kultur(en). Von den höfischen Filzlocken des 17. Jahrhunderts zur Rastafarian-Kultur des 20.; der Weg der Hoodie X und Sneaker Y von der weißen Jugendboheme in die Bronx und zurück; davon, dass Punk eben nicht in Osnabrück oder Magdeburg, Techno nicht in Frankfurt oder Berlin erfunden, aber dort vielleicht wesentlich transformiert und neu geschaffen wurden; und warum Deutschland nicht nur Rock’n’Roll-frei, sondern überhaupt sub- und jugendkulturell eine ziemliche Wüste wäre ohne kulturelle Aneignung aus Angloamerika, das wiederum … Das alles hat selbstverständlich mit kapitalistischen und zum Teil neokolonialistischen Ausbeutungsverhältnissen zu tun, aber auf der individuelle Ebene auch mit kultureller Dissidenz, Persönlichkeitsentwicklung … Ich wünsche mir zahlreiche sehr konkrete Beispiele über konkrete (Jugend-, Musik-, Mode-, Literatur- …)Kulturen, neben zwei oder drei grundsätzlichen Essays.

Das Buch soll 2023 erscheinen. Ich freue mich auf Beitragsangebote bis Ende August 2022 an klaus.farin@hirnkost.de.


Neue deutsche Schlagerwelt

Zur Schlager-Generation der 1950er- bis 1970er-Jahre gibt es Einiges. Aber nicht zur Generation Fischer-Berg-Egli-Ott usw. Welche Bilder von Gesellschaft/Familie/Geschlecht usw. transportieren Schlager heute? Reproduzieren sie immer noch eine scheinheil(ig)e Welt von gestern oder sind sie inzwischen in der Realität angekommen? Sind sie besser als ihr Ruf – oder noch viel schlimmer? Warum stehen so viele Punk(band)s auf Schlager? Und warum tauchen Roland Kaiser und Marianne Rosenberg heute immer noch (oder wieder) in den TOP 10 der Schlager-Charts auf – dazu gibt es bisher keine profunden Analysen. Und schon gar keine Rezeptionsforschung: Warum hören welche Leute Schlager? Das wäre ein sicher spannendes Projekt, nicht nur für Ethnolog:innen und Musikwissenschaftler:innen und ihre Studierenden. Und: Wie unterscheidet sich der deutsche Schlager von den Schlagerwelten in anderen Regionen und Kulturen?

Das Buch soll im Herbst 2023 erscheinen. Ich freue mich auf Beitragsangebote bis Ende 2022 an klaus.farin@hirnkost.de.


Älter werden in Jugend- und Subkulturen

Wir leben in einer überalterten Gesellschaft des Jugendkults. Die Werbung hält selbst Senior:innen an, sich Cremes zu kaufen, damit wenigstens ihre Haut „jung“ bleibt. Ein gelassenes Selbstbewusstsein – „Ich bin jetzt 40, 45, 50 … und das ist gut so“ – scheint es für die Ü-30-Jährigen nicht zu geben. Jede:r will und soll heute ewig „jung“ bleiben – egal, wie alt er/sie tatsächlich ist.

Punk, Skinhead, Gothic, Hardcore und viele weitere Szenen gelten als „Jugendszenen“. Zurecht insofern, dass der Einstieg fast aller Szene-Angehörigen in ihrer Teenager-Zeit liegt und die große Mehrzahl der Szene-Angehörigen in der Tat unter 30 ist. Doch es gibt eben auch die, die älter geworden sind und immer noch „ihrer“ Szene treu bleiben. Sie sind auch mit 50, 60, 70 immer noch Punks, Skins oder Gothics und bewegen sich in den entsprechenden subkulturellen Netzwerken.

Funktioniert das? Wie steht es um die Anerkennung der jüngeren Szene-Mehrheit für die „Oldies“, die „Erwachsenen“ in der Szene? Welche Rolle(n) spielen die Älteren? Werden ihre oft über Jahrzehnte gewachsenen Erfahrungen abgerufen? Empfinden die Jungen sie wegen ihres Alters als „peinlich“ oder im Gegenteil als besonders „cool“? Wie reagiert die allgemeine Öffentlichkeit auf 50-, 60-, 70-jährige Punks, Skins oder Gothics? Und wie sehen die „Oldies“ selbst die Szene und deren Entwicklung im Laufe der Jahre? Sind für sie alle Nachwachsenden nur „Poser“, die es nicht wirklich „ernst meinen“, oder orientieren sich die Älteren an den Jüngeren und suchen den Austausch im Gespräch?

Das Buch soll 2024 erscheinen. Ich freue mich auf Beitragsangebote bis Ende 2022 an klaus.farin@hirnkost.de.


Utopien in der Science Fiction

Die Zeit ist im Umbruch, die Erkenntnis, dass der noch herrschende neoliberale Materialismus keine Antworten auf die drängenden Fragen des 21. Jahrhunderts geben wird, hat inzwischen mehr Menschen erreicht als je zuvor. Doch wie soll es nun weitergehen? Wir brauchen Ideen. Wir brauchen Utopien.

Das Genre der Utopien ist die Science Fiction. Auch wenn das Böse, apokalyptische Katastrophen bis zum Untergang aller Welten uns offensichtlich schon immer mehr fasziniert haben als das Gute. „Und es ward ein Hagel und Feuer, mit Blut gemengt, und fiel auf die Erde; und der dritte Teil der Erde verbrannte, und alles grüne Gras verbrannte“, warnte schon ein literarischer Klassiker vor rund 2.000 Jahren vor den Folgen des Klimawandels. Utopien können nicht überleben ohne ihr Gegenbild, die Dystopien, ohne die Angst vor dem Scheitern der Menschheit. „Wer nicht wenigstens gelegentlich am guten Ausgang einer Sache zweifelt, braucht keine Zukunftsvisionen – gleichgültig, ob es sich um einen Science-Fiction-Roman oder eine aktuelle Trendanalyse handelt. Wer halbwegs überzeugt ist, dass er ein langes Leben in Glück, Reichtum und Weisheit führen wird, braucht keine Utopien.“ (Thomas Macho)

Vor allem technische Innovationen – das Herzstück der Science Fiction – sind in der Regel Utopie und Dystopie zugleich: Raumschiffe bringen uns in den Weltraum, aber auch furchterregende Aliens und unbekannte Viren zu uns zurück; sie explodieren, ermöglichen den Krieg der Sterne und die Diktatur über die Menschheit. Die rasante Geschwindigkeit der Eisenbahn würde Menschen töten, fürchteten Skeptiker schon im 19. Jahrhundert. Bio- und Gentechnologie retten nicht nur Menschenleben und rotten bisher unheilbare Krankheiten aus, sie produzieren auch neue Seuchen und töten ihre Schöpfer. Und mitunter ist erst eine totale Apokalypse notwendig, um Platz für Besseres zu schaffen. Erst die fast vollständige Auslöschung der Spezies Mensch motiviert die Überlebenden zur radikalen Umkehr. In dem kleinen Wörtchen fast scheint dann die evolutionäre Hoffnung durch.

Schon im 19. Jahrhundert, in der Kaiserzeit und Weimarer Republik gab es in der Science Fiction interessante Utopien. Wir wollen diesen Schätzen in einer kleinen historischen SF-Edition nachspüren, die interessantesten Romane von einst wiederentdecken und neu veröffentlichen. Und das Thema Utopien auf einem großen KONGRESS DER UTOPIEN in 2025 präsentieren. Wir sind für jede Anregung dankbar: Welche deutschsprachigen SF-Klassiker des 19. und frühen 20. Jahrhunderts wären für heutige Leser:innen spannend, hätten uns heute noch viel zu sagen und sollten deshalb neu veröffentlicht werden? Wer kennt sich mit dem Thema Utopien & Science Fiction gut aus und hätte Lust, auf unserem Kongress zu referieren? Oder einen Essay für den Begleitband beizutragen?

Das Buch soll im Herbst 2025 erscheinen. Ich freue mich auf jegliche Anregungen und Beitragsangebote an klaus.farin@hirnkost.de.


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