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Ich würde vorschlagen, den klassischen christlichen Dreiklang aus Glauben, Hoffnung und Liebe um den Humor zu erweitern.

In dem Satireband „Die Krone der Schöpfung“ greift die Professorin für Allgemeine Pädagogik Margit Stein Szenen aus dem Leben und unserem Alltag auf, die sie pointiert und schwarzhumorig betrachtet. Im Interview erzählt sie uns über ihre Motivation und warum Humor so wichtig ist.

Liebe Margit, schön, dass du die Zeit gefunden hast, ein paar Fragen für uns zu beantworten. Magst du den Leser:innen kurz erzählen, wer du bist?

Ich bin 46 Jahre alt, sehr stark umweltbewegt und an vielfältigen gesellschaftlichen sowie psychologischen Zusammenhängen interessiert. Seit dreißig Jahren genau bin ich auch für die Menschenrechte in verschiedenen Vereinen und Initiativen engagiert.

Auch als Professorin für Erziehungswissenschaften bin ich mit vielfältigen sozialen Feldern beschäftigt, wie etwa der Erziehung und Sozialisation in der Familie, der Schule, der außerschulischen Jugendarbeit und auch der informellen Gruppe Gleichaltriger. Mich interessieren in meiner Forschung und Lehre insbesondere die Bereiche der sozialen Entwicklung und hier vor allem der Bereich der Entwicklung persönlicher Werte und Überzeugungen etwa im politischen oder religiösen Bereich.

Mit vielem, was mich im gesellschaftlichen Bereich interessiert, befasse ich mich nicht nur in meiner Forschung durch Umfragen oder Befragungen, sondern auch belletristisch oder grafisch. Ein paar der gesammelten Eindrücke habe ich nun in dem Satireband „Die Krone der Schöpfung“ zusammengestellt.

Daneben bin ich Partnerin und Mutter und aktuell sehr durch meine kleine Tochter gefordert.

Was hat dich bewogen, einen satirischen Rundgang durch unsere Welt zu machen?

Es gibt ja leider immer genug Situationen, die man nur noch mit Humor nehmen kann, so traurig sind sie. In den Satiren spreche ich ein paar dieser gesellschaftlichen Fehlentwicklungen an, durch die ich zum satirischen Rundgang bitte. Wir begeben uns etwa hinter die Fassaden von Beziehungen, wo sich Menschen oftmals nur mehr über Verordnungen und rechtliche Richtlinien etwa in Eheverträgen und Ehevereinbarungen begegnen. Weiter betreten wir auf unserem satirischen Rundgang die Berater- und Behandlungsräume jener Geschäftemacherinnen und Geschäftemacher, die gutgläubigen Zeitgenossen durch Rückführungen in frühere Leben oder Energiereinigungen das Geld abknöpfen, pure Lebensfreude verkaufen oder sich kreativ als Makeup-Artists ausleben und jeden neumodellierten fünffarbigen Fingernagel fast schon zum Preis eines Picassos verkaufen. Es gibt auch Einblicke in eine völlig entmenschlichte Arbeitswelt vor, in der man sich selbst nur noch als Humankapital optimiert, bis hin zum Einfrieren von Eizellen, um den Kinderwunsch auf die Zeit nach dem Renteneintritt zu verschieben.

Bei der Verhinderung sklavenähnlicher Arbeitsverhältnisse leisten die Leserinnen und Leser auch einen direkten Beitrag durch den Kauf des Satirebandes, da der Erlös aus dem Autorenhonorar komplett an den Verein „Aktion Würde und Gerechtigkeit“ von Peter Kossen geht.

Wie wichtig ist für dich (bissiger) Humor, um durch Zeiten, die durch Pandemien, Umweltkatastrophen usw. geprägt sind, zu kommen?

Es gibt so viele Entwicklungen und Situationen auf dieser Welt, die ich in den Satiren anspreche, die man nur noch mit Humor ertragen kann. Die Umweltzerstörung und die Klimaerwärmung, die Pandemie und vor allem der Umgang damit, etwa die Ignoranz und der Verschwörungsglaube, sind nur ein paar Beispiele dafür.

Ich würde also vorschlagen, den klassischen christlichen Dreiklang aus Glauben, Hoffnung und Liebe, wie es im Korintherbrief heißt, um den Humor zu erweitern. Wir brauchen den Glauben an das Gute im Menschen, das man herauskitzeln und fördern kann, die Hoffnung, dass auch in der schlimmsten Situation ein Ausweg vorhanden ist, und die Freude am Leben und die Liebe zu allen Menschen trotz ihrer Schwächen. Aber wir brauchen auch den Humor, um an dieser Welt nicht zu zerbrechen und an den menschlichen Schwächen – natürlich auch insbesondere meiner eigenen Schwächen – nicht zu verzweifeln.

Woher nimmst du die Inspiration für die anekdotenhaften Szenarien in deinem Buch?

Ich werde meist durch bestimmte Begegnungen oder Vorkommnisse zu einer Satire angeregt, die mir zufällig „über den Weg laufen“. Diese kurzen Erlebnisse oder Begegnungen aus dem Alltag baue ich dann in der Phantasie erst gedanklich weiter aus und bringe sie schließlich zu Papier. Oft habe ich schon ein paar erste Ideen gleich unmittelbar in der Situation notiert oder mir selbst auf das Handy aufgesprochen. Und wenn ich mich dann zuhause an den PC setze und mich weiter in die Geschichte hineinvertiefe, kommen die Gedanken so schnell, dass ich oftmals kaum mit dem Schreiben hinterherkomme.

Die Idee für die erste Satire des Bandes „Die Krone der Schöpfung“ etwa über die monogamen Tauben kam mir in der Berliner U-Bahn, als zusammen mit einer Gruppe von drei Männern auch eine Taube einstieg, sich in aller Seelenruhe zwischen die Fahrgäste setzte, um fünf Stationen später von der U2 in die U7 zu wechseln. Als einer der Männer despektierlich „Flugratte“ zu ihr sagte, die Taube jedoch in stoischer Gelassenheit die Schmähung über sich ergehen ließ, erwiderte ich zu ihrer Ehrenrettung, wie man denn nur so über eine Brieftaube sprechen könne, die offenbar auch für uns Menschen richtungsweisend Kurzstreckenflüge meide und auf die Bahn umgestiegen sei. Die ersten Ideen für die Geschichte mit der Taube schrieb ich dann schon auf meinem Laptop auf der Zugfahrt zwischen Berlin und Hannover nieder.

Die Satire über den Mann, der seine Frau mit einem Fahrrad betrügt, kam mir, als ich immer wieder Abend für Abend im Haus gegenüber durch die hell erleuchteten Fenster dasselbe Schauspiel erlebten konnte: ein Mann trägt sein Fahrrad in das Wohnzimmer, setzt es vorsichtig neben dem Sofa ab, um dann ganz offensichtlich gemütlich mit seinem Fahrrad fernzusehen, wobei über die Sofalehne hinaus nur mehr der Kopf des Mannes und das Vorderrad des Drahtesels ragten. Eben der ganz normale Wahnsinn.

Und als ich mir die ein oder andere Wahlkampfrede zur Bundestagswahl anschaute, dann war der Weg zur Satire „Heimatliebe“ natürlich auch nicht mehr weit.

Margit Stein
Die Krone der Schöpfung

Erzählungen
264 Seiten
Hardcover mit Lesebändchen
ISBN 978-3-948675-43-1
Oktober 2021

Welches Szenario in „Die Krone der Schöpfung“ geht dir persönlich besonders nah?

Besonders ärgern mich etwa aktuell mit Sicherheit die in der eben erwähnten Satire „Heimatliebe geht durch den Magen“ dargestellten populistischen Tendenzen bei einigen Parteien, die ich hier bezogen auf ein Thema – nämlich das Essen – aufgreife und ins Absurde wende. Hier wird Wahlkampf auf dem Rücken bzw. im Verdauungstrakt der Bürgerinnen und Bürger ausgetragen. Mit dem Thema Populismus und Extremismus befasse ich mich auch in meiner Forschung. Die Satire ist ein gutes Beispiel dafür, dass ich meinen Ärger literarisch und illustrativ verarbeite.

Inwiefern beeinflusst dich dein beruflicher Hintergrund als Professorin für Pädagogik an der Universität Vechta? Sind pädagogische Themen solche, über die du besonders gern schreibst?

Mein beruflicher Hintergrund beeinflusst mich auf jeden Fall. Ich bin thematisch in meiner Arbeit mit der Herausbildung eines tragbaren Beziehungs- und Erziehungsmusters befasst und mit der Herausarbeitung von gesellschaftlichen Strukturen, die möglichst allen Menschen ein lebenswertes und erfülltes Leben ermöglichen.

Was dies bedeuten kann und vor allem, was uns daran hindert, so zu leben, versuche ich auch in den Satiren humoristisch darzustellen.

„Die Krone der Schöpfung“ ist wunderbar illustriert. Zu jeder Geschichte gibt es ein passendes Bild – was war zuerst da: Wort oder Bild?

Zunächst waren auf jeden Fall die Geschichten da. Aber da ich auch immer ganz klar vor meinem geistigen Auge die Protagonistinnen und Protagonisten oder die Kulisse hatte, drängte es mich dazu, diese auch grafisch festzuhalten. Ich arbeite gerne mit Kohle, mit der man in nur wenigen Strichen oftmals viel einfangen kann. Ich zeichnete unterwegs, zusammen mit Freunden und während meine kleine Tochter auf meinem Schoß schlief. Erst illustrierte ich nur die Tiersatiren – diese sind auch im Satireband jeweils mit vier Abbildungen versehen, dann auch jeweils mit einem Bild die anderen Geschichten.

Ich zeichne und male überhaupt sehr gerne und verschwand schon im Kindergarten oftmals gleich nach meiner Ankunft in der Mal- und Bastelecke.

Es wird ja noch einen zweiten satirischen Gang durch die Welt geben. Was erwartet uns darin?

Der zweite Band versammelt einige meiner Lieblingssatiren. So beginnt er etwa mit meiner ersten Satire, deren Anfänge schon im Jahr 2014 liegen. Damals versuchte ich über Wochen eine ungeliebte bei mir eingezogene Mitbewohnerin zu delongieren, die sich bei mir in der Wohnung ohne Mietvertrag ungebeten einquartiert hatte und sich mit mir ein Katz-und-Maus-Spiel lieferte. Wir arrangierten uns mühsam und ich hatte mich eigentlich schon daran gewöhnt, wenn andere über ihren neuen Partner oder Kinderzuwachs berichteten, anzugeben, dass ich gegenwärtig mit einer Maus zusammenlebe. Während ich die zwei Schlafzimmer belegt hatte, hatte sie sich in Küche und Esszimmer eingerichtet. Ich versuchte alles, um sie in ihrem Expansionsdrang zumindest auf diese beiden Zimmer einzugrenzen, aber Altbauwohnung und den schlecht schließenden Türen sei Dank zwängte sie sich unter jedem Türschlitz durch, begutachtete widerrechtlich auch meine Zimmer und morgens konnte ich nur anhand ihrer Fressspuren ihre nächtlichen Exkursionen nachvollziehen. Dem Einfallsreichtum und der Intelligenz der Maus bei diesem Spiel setzte ich damals ein literarisches Denkmal.

Eine meine Lieblingssatiren nimmt unsere vielfältigen Süchte jenseits der offiziell anerkannten wie etwa der Drogen-, Spiel- oder Kaufsucht aufs Korn,. Je nachdem, wem ich die Satire vorlas, setzte ich jeweils andere Süchte ein und schrieb immer wieder um. Die Leserinnen und Leser können sich also überraschen lassen, welche lebenseinschränkenden Angewohnheiten und Konsummuster nun tatsächlich porträtiert werden!

Margit Stein wurde 1975 in Niederbayern geboren. Nach dem Studium der Psychologie und Pädagogik war sie unter anderem in einem Kinderdorf, einer neurologischen Fachklinik und einer psychosozialen Beratungsstelle tätig. Seit 2009 ist sie Professorin, zunächst für Soziale Arbeit, dann für Erziehungswissenschaften an einer niedersächsischen Universität.
(Foto © privat)

Leseprobe: „Die Krone der Schöpfung“ von Margit Stein

Am 25. Oktober erscheint „Die Krone der Schöpfung“ von Margit Stein, ein satirischer Rundgang durch unsere Gegenwart. In 11 anekdotenhaften Geschichten blickt die niederbayerische Autorin auf die Gesellschaft und deckt pointiert die Absurditäten unseres Alltags auf, die sie selbst mit Kohle- und Bleistiftzeichnungen illustriert hat.

Zum Wochenende gibt es eine kleine Kostprobe über juristische Übertriebenheiten.

Viel Spaß mit „Dolmetscher für den Babytalk oder: Die Verrechtlichung der Welt“:

Über die Autorin:
Margit Stein wurde 1975 in Niederbayern geboren. Nach dem Studium der Psychologie und Pädagogik war sie unter anderem in einem Kinderdorf, einer neurologischen Fachklinik und einer psychosozialen Beratungsstelle tätig. Seit 2009 ist sie Professorin, zunächst für Soziale Arbeit, dann für Erziehungswissenschaften an einer niedersächsischen Universität.

Weitere Infos zum Buch gibt’s in unserem Shop.

Leseprobe: „Schlage bitte weiter, Kämpferherz!“ von Dennis Diel

Mit „Schlage bitte weiter, Kämpferherz“ haben wir eine ganz besondere Autobiografie im Programm, die ohne Beschönigung eine Welt voller Panikattacken und Ängste, Paranoia und Wut zeigt, aber auch Hoffnung gibt und das Licht am Ende des Tunnels nicht aus den Augen verliert. Autor Dennis Diel möchte schon vorab ein Kapitel mit Euch und Ihnen teilen und ein paar Worte dazu sagen:


Liebe Freundinnen und Freunde
zunächst danke ich allen, die mir gestern und heute nachträglich so zahlreich zum 39. gratuliert haben. Ich habe mich sehr gefreut! Normalerweise hätten ja auch am 05.10. die Lesungen bei Facebook gestartet, die ich jetzt aufgrund der Verschiebung des Buches (erscheint nun am 15.11.) ebenfalls nach hinten gelegt habe. Nichtsdestotrotz möchte ich euch heute einen Einblick in das Buch und damit in meine Geschichte geben. Unter dem Link gelangt ihr direkt zur Leseprobe. 
Das beinhaltet sie:
Das Kapitel „Der Friede beginnt im eigenen Haus“, ein Zitat von Karl Jaspers, steht im Buch recht weit zu Beginn dieser Reise in meine Vergangenheit und Gegenwart und erzählt nicht von Angst oder Mobbing (diese Themen kommen früher und später im Buch zahlreich vor) sondern beschreibt, wie meine Eltern und ich 1985 in das unheilvolle Haus in der Lessingstraße 2d in Kamp-Lintfort gezogen sind. 
Jenes Haus, das mein Großvater Karl mit eigenen Händen erbaute, und in dem sich so viele Schrecken abspielen sollten. Auch wegen dieses Mannes, der ein waschechter Familientyrann war. Einer ohne Stimmbänder und Kehlkopf, dafür aber mit der Wut und den cholerischen Anfällen einer ganzen Armee, der despotisch über seine Ehefrau regierte. 
Außerdem erzählt das Kapitel von einer folgenschweren Séance, die meine Eltern und Großmutter vor schlaflose Nächte stellten.
Viel Vergnügen!
„Schlage bitte weiter, Kämpferherz!“ erscheint am 15.11.2021 im Hirnkost Verlag und ist überall als Buch, E-Book und Hörbuch erhältlich.

Dennis Diel

Leseprobe

Alle Infos zum Buch gibt’s auch in unserem Shop.