Autorin Heike Brandt liest aus ihrem Jugendroman »Der tote Rottweiler« am 5. April 2022 um 19 Uhr in der Stadtbibliothek Leipzig.
Vor dem Hintergrund des Kriegs in der Ukraine gewinnt der Spannungsroman für jugendliche Leser:innen an Aktualität. Es geht um fünf Jugendliche, die sich das Thema „Frieden schaffen ohne Waffen“ als Schulprojekt aussuchen und so die in ihrer Heimatstadt allgegenwärtige Rüstungsindustrie hinterfragen. Denn Amal, Bobi, Natalie, Manuel und Julika finden, dass die Menschen dort mal richtig wachgerüttelt werden müssen. Es muss sich etwas ändern, von Grund auf. Und das erfordert radikales Handeln. Da kommt es fast gelegen, dass sie im Wald einen toten Rottweiler finden – erschossen.
Eintritt frei. Veranstaltung des Sächsischen Übersetzervereins »Die Fähre« e. V., gefördert durch die Kulturstiftung des Freistaates Sachsen
Am Donnerstag, den 17. März 2022 um 14 Uhr, werden die Nominierungen für den Deutschen Jugendliteraturpreis online über die AKJ-Homepage und den AKJ-YouTube-Kanal bekannt gegeben. Auch die Leipziger Buchmesse als langjähriger Partner des Deutschen Jugendliteraturpreises strahlt die Veranstaltung über ihr digitales Programmangebot aus.
Wir haben das Jugendbuch „Der tote Rottweiler“ von Heike Brandt eingereicht und drücken fest die Daumen.
An der Vergabe des Deutschen Jugendliteraturpreises sind drei voneinander unabhängige Jurys beteiligt. Die Kritikerjury nominiert jeweils sechs Titel in den Sparten Bilderbuch, Kinderbuch, Jugendbuch und Sachbuch. Die Jugendjury hat sechs Favoriten für den Preis der Jugendjury ausgewählt. Für den Sonderpreis Neue Talente 2022 gehen drei deutsche Illustrator:innen ins Rennen.
Über das Buch
Bobi, Amal, Manuel und Natalie bereiten ein Schulprojekt vor: Frieden schaffen ohne Waffen, ein Slogan aus dem vorigen Jahrhundert, aber immer noch brandaktuell, wie sie finden. Fantasten!, sagen die Leute aus ihrer Klasse. Je mehr die vier sich in ihr Thema einarbeiten, desto empörter sind sie über das Geschäft mit Waffen, das so viel Tod und Elend bringt, von dem aber fast die ganze Stadt lebt, auch ihre eigenen Familien. Bald reicht es ihnen nicht mehr, zu recherchieren und zu präsentieren, sie wollen die Leute in ihrer Stadt aufrütteln. Es muss sich was ändern, von Grund auf. Das erfordert radikales Handeln. Radikal handeln will auch Julika, die zufällig zu der Gruppe stößt. Ihre Eltern sind leitende Angestellte in der Waffenfirma, in ihrer Familie gehören Waffen bei der Jagd oder im Schützenverein einfach dazu. Erst als Julikas Hund Bello erschossen wird, bemerkt sie die Risse im scheinbar heilen Familienbild und kommt sorgsam gehüteten Geheimnissen auf die Spur.
Am 20. und 21. November findet sie wieder statt: Die BuchBerlin in der ArenaBerlin. Wir freuen uns, dass wir in diesem Jahr dabei sein dürfen. Unser Stand ist in der Großen Freiheit 7.
Ein Tagesticket kostet 8 Euro, ermäßigt 4 Euro.
Weitere Informationen auch zu aktuellen Corona-Regelungen der Veranstaltung gibt es direkt auf der Seite der BuchBerlin.
Was hält man von der Waffenindustrie, wenn sie die einzige Arbeitgeberin der Gegend ist und nahezu alle in der eigenen Heimat ernährt? Heike Brandt nähert sich den Fragen nach Schuld und Verantwortung in ihrem neuen Jugendroman „Der tote Rottweiler“. Im Interview spricht sie über die Hintergründe.
Hallo Heike, vielen Dank, dass du dir Zeit für dieses Interview nimmst. Du bist freiberufliche Übersetzerin und Autorin und hast dich auf das Kinder- und Jugendbuch spezialisiert. Wie ist es dazu gekommen?
Ich habe als Kind und als Jugendliche sehr viel gelesen. Bücher eröffneten mir Freiräume, Fenster zu Lebenswelten, zu denen ich sonst keinen Zugang gehabt hätte. Ich habe gemerkt, wie sehr mich das geprägt hat, wie viel Freiheit im Denken mir das jenseits familiärer und schulischer Einschränkungen gegeben hat. Als ich mit Anfang zwanzig selbst ein Kind bekam, habe ich Pädagogik studiert, um mehr über Kindheit zu erfahren und um Alternativen zu den gängigen Sozialisationsformen zu finden. Das war Ende der Sechziger-, Anfang der Siebzigerjahre des vorigen Jahrhunderts, als weltweit viele junge Leute den gesellschaftlichen Status quo infrage stellten und sich für ein freies, selbstbestimmtes Leben ohne Ausbeutung und Unterdrückung einsetzten – für alle. Im Laufe des Studiums und bei ersten praktischen Übungen in der Schule und mit Kindern einer Notunterkunft habe ich gemerkt, dass ich mich für die Schule gar nicht und für die praktische Arbeit mit Kindern wenig eigne. Daher habe ich mich auf das eher theoretische Arbeiten, also auf das „Zuliefern“ für die praktisch Tätigen konzentriert – und dabei lag mir der Bereich der Literatur am nächsten. So habe ich schon während des Studiums mit anderen einen Kinderbuchladen gegründet, in dem wir nur Bücher verkauft haben, die unseren politischen Vorstellungen entsprachen oder ihnen zumindest nicht widersprachen, später habe ich Kinder- und Jugendbücher übersetzt, rezensiert und schließlich selbst geschrieben.
Gerade ist dein neuer Roman „Der tote Rottweiler“ erschienen. Worum geht’s darin?
Es geht um Jugendliche, die sich auf unterschiedliche Weise mit der Waffenproduktion an ihrem Heimatort auseinandersetzen, erst allein, dann gemeinsam als Gruppe. Je näher sie sich mit dem Thema beschäftigen, desto entsetzter sind sie über das, was Waffen anrichten, über die Tatsache, dass sie und ihre Familien wie alle in ihrem Ort direkt oder indirekt von der Waffenproduktion leben. Sie setzen sich mit der Frage der persönlichen Verantwortung auseinander und kommen zu dem Schluss, dass sie handeln müssen – und zwar radikal. Aber was heißt radikales Handeln, für den Einzelnen, für sie als Gruppe? Rechtfertigt das Ziel die Wahl der Mittel?
Das Waffengeschäft als zentrales Thema des Romans bietet ja ordentlich Zündstoff. Wie kam es, dass du gerade Waffen in den Vordergrund gerückt hast? Was war der Reiz für dich?
Wenn Waffen da sind, werden sie auch genutzt. Zu welchem Irrsinn das führt, sehen wir an diversen Kriegen, an Attentaten, an staatlicher Gewalt, an häuslicher Gewalt. Der Einsatz von Kleinkaliberwaffen, Schnellfeuergewehren, Bomben etc. führt nie zu wirklichen Konfliktlösungen, sondern schafft neues Elend, neue Konflikte und jede Menge Umweltzerstörung. Daher sollten solche Waffen nicht mehr produziert werden. Der konkrete Anlass zum Schreiben dieses Buches war ein Zeitungsbericht über einen zwölfjährigen Jungen, der seine beiden Eltern mit der Pistole des Vaters erschossen hatte.
Du beleuchtest das Thema ja aus verschiedenen Blickwinkeln. Wie war es, sich in die unterschiedlichen Perspektiven hineinzudenken und sie zu beleuchten?
Beim Schreiben einer Geschichte entwickeln die einzelnen Figuren ziemlich bald ein Eigenleben – es macht Spaß, dem nachzuspüren, Menschen in den Mittelpunkt zu stellen, die andere Lebenserfahrungen haben als ich selbst, und sich auf diese Weise mit ihren Standpunkten auseinanderzusetzen. Das zwingt zu genauerem Hinsehen.
Gibt es bestimmte Orte oder Ereignisse, die dich besonders inspiriert haben?
Ich bin an einem Ort gewesen, an dem Waffen produziert werden, und habe mich inspirieren lassen – vom örtlichen Waffenmuseum, vom Friedhof, von der Firmengeschichte der ortsansässigen Firma, von den Aktivist:innen der Friedensbewegung, von der Geschichte der Zwangsarbeiter dort und des Gedenkens bzw. Nicht-Gedenkens daran, von den Blockadeaktionen der Lebenslaute, die sich mit Musik und gewaltfreiem Widerstand für den Frieden einsetzen. Daraus habe ich dann diese fiktive Geschichte entwickelt, in die natürlich auch andere Lebenserfahrungen eingeflossen sind.
Welche Szenen oder Figuren sind dir besonders ans Herz gewachsen? Welche haben dir Schwierigkeiten bereitet?
Das kann ich so nicht beantworten – das Schreiben ist ja ein Prozess, in dem es immer wieder andere Schwerpunkte, Schwellen und Schwünge gibt. Von den jungen Leuten ist mir vielleicht Julika am nächsten, weil ich mich auf ähnliche Weise mit meiner Familie auseinandergesetzt habe.
Du hast ja schon zahlreiche Bücher übersetzt und auch einige Romane geschrieben. Können die Leser:innen sich in Zukunft auf neuen Lesestoff von dir freuen?
Ich bin zurzeit mit meiner eigenen Familiengeschichte beschäftigt. Anhand einer Vielzahl von Dokumenten, Briefen und Fotos will ich versuchen herauszufinden, welche Familienmuster dazu geführt haben, dass fast alle Angehörigen meiner Familie das Nazi-Regime wohlwollend begleitet und unterstützt haben. Und wieso es Ausnahmen gab … Ein weites Feld, ein spannendes Thema.
Außerdem arbeite ich an Geschichten für kleine Kinder – in die vieles einfließt, was ich mit meinen Enkelkindern und mit Kindern von Freund:innen erlebt habe. Einfache Alltagsgeschichten auf Augenhöhe …
Wir stellen Ihnen dieses Interview zum Abdruck gern zu Verfügung. Bitte senden Sie uns ein Beleg zu.
Die Autorin Heike Brandt, geboren 1947 in Jever, aufgewachsen in Berlin, wo sie immer noch lebt, hat Pädagogik studiert und sich für Projekte wie den Kinderladen in Berlin-Kreuzberg, eiengagiert. Seit Mitte der Achtzigerjahre ist sie als Rezensentin, Rundfunkautorin, Übersetzerin aus dem Englischen und Schriftstellerin tätig – zumeist im Bereich der Kinder- und Jugendliteratur.
Heike Brandt Der tote Rottweiler Jugendroman 18 Euro | 448 Seiten | Hardcover
ISBN print: 978-3-948675-71-4 epub: 978-3-948675-72-1 pdf: 978-3-948675-73-8