Auch im Osten trägt man Westen Punks in der DDR – und was aus ihnen geworden ist

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Im Sommer 1982 führte Gilbert Furian mit sieben Ostberliner Punks Interviews über Punk und Politik, Musik und Liebe, Arbeit und Anarchie. Das Resultat, 20 Blatt A4, verteilte er 90x in Ost- und 1x in Westberlin. Ein Vergehen, das ihm schließlich eine Verurteilung zu 2 Jahren und 2 Monaten Gefängnis einbrachte. Dieses Buch dokumentiert die damaligen Gespräche, die folgenden Aktivitäten der Stasi und erneute Gespräche mit den Punks von damals – 18 Jahre später.

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„Eine ebenso unterhaltsame wie auslotende Lektüre ist Furian gelungen. Ausgehend von einer durch ihn im Jahr 1982 erstellten Dokumentation, welche Gesprächsprotokolle punkinfizierter Jungmenschen (unter ihnen der nunmehrige Tatort-Kommissar Kain – Bernd M. Lade) im deutschdemokratischen System enthält, verknüpft der Autor gekonnt biographische und politische Stränge bis in die jüngste Gegenwart. Den Schwerpunkt des Buches bildet dabei die Demaskierung eines sich demokratisch genannt habenden Systems, welches Myriaden eifriger Schnüffler aufbot, um unbotmäßiges Verhalten zu unterbinden. Nicht nur, dass Gilbert Furians Versuch, einen Einblick in den subkulturellen DDR-Untergrund zu ermöglichen, vom System mit einem längeren Gefängnisaufenthalt geahndet wurde, auch in den Lebensläufen der Porträtierten finden sich Versuche des Staatsmonopols, jeden Aufmupf im Keim zu ersticken. Die höchst interessante Gegenüberstellung von Statements der Beteiligten 1982 und jetzt wurde, so der Autor, durch die preussische Akkuratesse der Genossen vom Ministerium für Staatssicherheit der DDR überhaupt erst möglich. Furian ist mit dem vorliegenden Buch ein lebendiges Historiengemälde gelungen. Es zeigt exemplarisch die Entwicklung jugendlicher Lebensentwürfe ins Mittdreißigeralter, das Vergängliche und das Bleibende. Der Kauf des Buches ist somit eine lohnende Investition gegen das eigene Vergessen.“
CrossOver Nr. 14

„Ein famoses Buch, das mehr über die DDR aussagt, als es zehn Jahre Geschichtsaufarbeitung je tun könnten.“
Matthias Mader in: Iron Pages

„Die Interviews mit den Jugendlichen von 1982 drückten das ganze Unbehagen an den verlogenen und verplanten Lebensumständen in der späten DDR aus. Rasch stieß man an Grenzen. Die Diskussion der Jugendlichen über den Slogan „No Future“ („Du hast keine Zukunft – mach was draus!“) macht deutlich, dass Kreativität gefordert war, um die Welt in Texten und Musik in Frage zu stellen. Die heutigen Interviews lassen nachvollziehen, wie sich das kreative Potential in den Biografien niederschlug: Mit dabei ist z. B. Bernd Michael Lade, der als Schauspieler heute u.a. im „Tatort“ des MDR mitwirkt. Andere sind Filmemacher, Radioredakteurin, Lokalinhaber, Steuerberaterin, Firmenchefin oder Discjockey geworden. Familie ist vielen von ihnen wichtig – gleichzeitig aber auch das Gefühl, das Leben heute zu leben, nicht erst in der Rente. Erhalten haben sich aus der damaligen Zeit Haltungen wie Skepsis gegen Autoritäten, Freiheitsbewusstsein, Authentizität und kraftvolle Phantasie.
Das Buch ist eine sympathische Dokumentation über ein Stück Jugendkultur mit all ihren Konsequenzen unter den Bedingungen einer Diktatur. Furian gelingt es, Witz und Ernst, Humor und Tiefgang der Beteiligten darzustellen. Die Gruppeninterviews zeigen die Lebendigkeit der Einzelnen in der Interaktion. Entstanden ist keine repräsentative soziologische Untersuchung über Punks in der DDR, aber der Band vermittelt einen guten Eindruck über die erste Punk-Generation in Ost-Berlin.“
Katharina Gajdukowa in: Deutschland Archiv

Das Buch ist bei uns im Shop für 18 € erhältlich.

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